12 Uhr, die Sonne scheint und mehrere Menschen treffen sich in Aachen im Kennedypark. Doch nicht, um das schöne Wetter bei einem kühlen Getränk zu genießen. Es ist der 21.06, ein Freitag, der in Aachen unter dem Motto „Fridays for future“ steht, mehrere tausend Menschen gehen an diesem Tag auf die Straße, um gegen die momentane Politik im Bezug auf das Klima zu demonstrieren. So auch die Menschen im Kennedypark. Diese Menschen bilden den antikapitalistischen Finger bei den Demonstrationen an diesem Tag in Aachen. Diesem Finger haben wir uns als Kollektiv angeschlossen. Zu Beginn wurden auf dem Kennedypark einige Redebeiträge verlesen, währenddessen fanden immer mehr Menschen ihren Weg in die Nähe des Lautis, der mit einem „system change not climate change“-Transpi geschmückt war. Gegen 12:30 startete dann eine laute und wütende Demo. Laut, damit die Menschen endlich aufwachen und sich erheben gegen das kapitalistische System. Wütend, weil es trotz der nun schon sechs monatigen Proteste der Fridays for Future Bewegung immer noch keine Änderungen in der Politik gab. Doch die Menschen in diesem Finger sind auch noch aus anderen Gründen unsagbar wütend, z.B., weil wir immer noch in einem System leben, in dem Herrschaft und Autorität allgegenwärtig sind, sei es durch den Chef auf der Lohnarbeit, die sexistischen Alltagszustände oder die rassistischen Bullen. Die Liste könnte noch ewig weiter geführt werden, denn Gründe, warum mensch wütend ist und warum es einen radikalen Umbruch der Verhältnisse braucht, gibt es genug. Aus denselben Gründen haben wir uns entschlossen, Teil des antikapitalistischen Fingers zu sein.
Während der Demonstration steigerte sich die Stimmung, unter verschiedenen Parolen ging es zum Rehmplatz, wo die ersten Redebeiträge verlesen wurden. Hier wurde noch einmal deutlich, dass der Klimawandel nicht losgelöst betrachtet werden kann von Unterdrückungssystemen wie dem Kapitalismus, zum Beispiel in dem Redebeitrag unserer Gefährt_innen von „Diskursiv Aachen“. Auch diverse Fahnen und Transparente brachten dies zum Ausdruck, so wehten zum Beispiel neben der Antifa-Fahne auch Fahnen der Freien Arbeiter_innen Union (FAU) über dem Demozug.
Nach dem Zwischenstopp ging es weiter Richtung Kaiserplatz, wo der antikapitalistische Finger auf die Fridays for Future Demo traf. Unter nach wie vor kämpferischen Parolen ging es zusammen zum Vorplatz des Tivoli-Stadions, dem Zielort der Demonstration. Zumindest für den Großteil der Demonstration, denn offenbar gelang es einigen findigen Menschen, in ein leerstehendes Gebäude zu huschen, während die Demonstrationszüge sich vor diesem vermischten. Denn plötzlich kam grüner Rauch aus den Fenstern der „Bastei“, einem seit einigen Jahren leerstehenden Theater. Ein Transpi mit der Aufschrift „Besetzt for Future“ wurde aus dem Fenster gehangen. Freudiger Beifall der Demonstrierenden unten bekräftigte die Besetzer_innen, die über ein Megaphon die Menschen einluden, ebenfalls in das Gebäude zu kommen. Eine Menge von Menschen vor dem Eingang des Gebäudes und der riesige Demonstrationszug, der über eine Stunde lang vor dem Haus herzog, sorgte dafür, dass die Besetzer_innen zunächst ungestört von der Polizei waren.Währenddessen wurde das Haus mit weiteren Transpis geschmückt, so fand auch ein Transpi für das queer-feministische Hausprojekt Liebig34 aus Berlin seinen Weg in die Bastei. Die Liebig34 ist seit Sylverster 2018 ebenfalls besetzt und akut räumungsbedroht. „one struggle, one fight“ stand auf dem Transpi. Dem stimmen wir zu, egal, ob die besetzte Bastei, die Liebig34, die Rigaer94, der Hambi. Neben vielen weiteren schönen Transpis gab es auch noch mehr Redebeiträge, die die Situation der Besetzung erklärte und die Menschen unten auf dem neuesten Stand hielten. Doch sobald die Demo zu Ende ging und die Menschen vor dem Haus weniger wurden, wurde die Polizei umso präsenter. In voller Kampfmontur, behelmt und vermummt begann die Staatsmacht, sich aufzustellen. Auch wenn die Besetzer_innen friedlich waren und dies auch mehrfach äußerten. Bekanntlich verstehen Cops ja keinen Spaß, und eine Besetzung vor den eigenen Augen zählt wohl nicht mal mehr als schlechter Scherz, sondern ist Zeichen des eigenen Versagens. Da muss die Ehre der eigenen Hundertschaft wiederhergestellt werden. Nachdem die erste Zeit der Besetzung über die Polizei vor allem durch ihre Präsenz störte, wurde die Stimmung immer angespannter, je länger die Besetzung dauerte. Der erste Gewaltexzess traf dann zwei Menschen, die auf widerwärtigste Weise von Polizist_innen zu Boden geworfen und unter minutenlangen Schmerzgriffen, unfähig sich zu bewegen, fixiert wurden. Die absolut ekelhafte Maßnahme wurde von Kolleg_innen geschützt, die unter verbalen Drohungen solidarische Menschen abschirmten, welche die Betroffenen unterstützen wollten.
Die nun aufgeladenen Stimmung wurde wütender, als die Polizei sich bereit machte, die Bastei zu räumen. Mehrere Kletter-Polizist_innen turnten auf dem Dach des einsturzgefährdeten Teil des Hauses rum, ein Heli kreiste über der Bastei und Schild und Knüppel-Cops umringten die Eingänge. „tout le monde deteste la police“ und „schämt euch“ drang zu den Polizist_innen, die anfingen, die Straße vor der Bastei zu räumen, um die Besetzer_innen nach dem Eindringen in das Haus ungestört abführen zu können. Als nun deutlich wurde, dass die Besetzer_innen keine Möglichkeit mehr hatten, das Haus zu verlassen, kündigten diese über das Megaphon an, sich friedlich von der Polizei abführen zu lassen, sofern diese sie räumen wurde. Ein emotionaler Moment, die Gefährt_innen bedankten sich für den Support von draußen. An dieser Stelle möchten wir noch einmal sagen: Der Dank gilt euch mutigen Menschen! Nach mehreren Durchsagen der Bullen und Gegenangeboten der Besetzer_innen, das Haus ohne Personalienaufnahme zu verlassen, stürmte die Polizei letzendlich in das Haus, um die Menschen abzuführen.
Einige dieser Menschen verbrachten 48 Stunden im Polizeigewahrsam in Brühl, viele Kilometer von Aachen entfernt. Ein Mensch ist aktuell immer noch (Stand 23.6. Mittags) in Gewahrsam und wird vermutlich heute gegen späten Abend entlassen. So etwas macht verdammt wütend! Für eine Instandbesetzung, symbolisch und friedlich, werden Menschen tagelang eingesperrt, unter Schreien mit Schmerzgriffen fixiert und kriminalisiert. Doch das sind nur einige Aktionen der Cops, die mal wieder zeigen, warum jeder Hass berechtigt ist.
Solidarität und Liebe gehen raus an die Besetzer_innen, für diese wunderschöne Aktion. Ihr habt uns nicht nur ein Lächeln auf die Lippen gezaubert.
Ganz viel Kraft wünschen wir den Menschen, die in Polizeiautos, in der Gesa oder im Knast den Schweinen ausgeliefert sind. Ihr seid nicht allein.
Es war wundervoll zu sehen, wie Widerstand aussehen kann. Wie Menschen für eine bessere Welt kämpfen, für eine Zukunft und das Leben.
Grüße an alle Menschen, die bei Ende Gelände Polizeiketten umfließen und Schienen blockieren, Bagger sabotieren und das Camp stemmen – ihr seid großartig.
Der Tag hat mal wieder gezeigt, dass wir viele sind. Dass wir entschlossen sind. Dass wir alle unseren Teil dazu beitragen, dass es ein anderes Morgen gibt, frei von Herrschaft und Unterdrückung.